Museum? Museum!

Ausstellungseröffnung am 16.08.2019 im MMK 1 und Zollamt.

Die FAZ habe den Titel „lapidar“ genannt, so Ina Hartwig in ihrer Ansprache zur Eröffnung. Sie findet das nicht passend. Ich schon.

Lapidar ist hier genau richtig. Laut wikipedia wird „der Lapidarstil in der Regel als im positiven Sinne nüchtern und objektiv empfunden, als stilistische Tugend“. Denn ein so einfacher Titel spielt sich nicht in den Vordergrund, sondern lenkt die Aufmerksamkeit auf die Bedeutung dahinter bzw. auf die konkreten Werke.

Susanne Pfeffer, die Direktorin des MMK hatte Titelalternativen, aber sie hat sich für „Museum“ entschieden. Damit konterkariert sie mögliche Erwartungen des gut gekleideten Eröffnungspublikums und definiert ihre Haltung im zur Ausstellung gehörenden Flyer: „Es gilt, das Museum als Arbeitstitel zu verstehen“.

Mich entlässt „Museum“ mit der Frage in die Austellungsräume, was die Institution Museum heute für mich bedeutet, als Einzelne und als Teil einer Gesellschaft. Ist es ein Ort, ein Konzept, eine Idee? Und wenn es ein Ort ist, wie sollte dieser Ort beschaffen sein? Ein Wohlfühlort, der meine Meinung bestätigt oder ein Ort der Auseinandersetzung, an dem ich mich reiben kann? Ein Ort, an dem ich mit mir selbst (und vielleicht auch mit anderen) ins Gespräch komme. Ein Ort des inneren und äußeren Dialogs.

Oder ein Ort zwischen „nicht mehr“ und „noch nicht“?

Die Arbeit „One on one“ von Hans-Peter Feldmann verbildlicht meine Fragen. Ein Werbeaufsteller mit MilkyWay -Riegeln auf einem Podest im Museum. Das Podest beschriftet mit der Aufschrift „Nein“. Klare Ansage, oder? Andererseits ist ein Teil der Riegel bereits entnommen worden. Darf ich oder darf ich nicht? Hier ist doch ein Museum, da darf man die Dinge nicht anfassen oder gar aufessen. Nur begehren …

Hans Peter Feldmann, One on One, 2012

Das „Raucherzimmer“ von On Kawara stellt einen ur-menschlichen Habitus – der einer veränderten gesellschaftlichen Akzeptanz „zum Opfer gefallen ist“ – hinter einer Glasscheibe zur Schau. Dort dürfen Frau und Mann rauchen. Im Museum! Wir Nichtraucher stehen davor und trauen uns nicht hinein. Wie es wohl den Raucher*innen dort drinnen geht? Sind sie froh, einen Platz gefunden zu haben oder fühlen sie sich nur noch mehr ausgegrenzt? Zumindest müssen sie hier nicht vor die Tür gehen.

Existentielle Fragen des Umgangs miteinander werden nicht erst seit heute gestellt. Den stärksten Eindruck hinterlässt ein stechender, beißender Geruch (für mich durchaus existentiell bedrohlich), der die große Halle im Erdgeschoss durchweht die ansonsten leer ist (Ryan Garder, The Invisible Push, 2019) und für den ich keine Erklärung finde. Ich halte mein Tuch vor den Mund, die anderen Besucher*innen scheinen unbeeindruckt.

Kunst wirkt auf alle Sinne, das Museum fokussiert zumeist auf den Seh-Sinn und was man als gegeben hinnimmt wird wohl maßgeblich vom persönlichen Reiz-Reaktions-Muster bestimmt.

Im Museum wie im richtigen Leben.

Jana Euler, oben: Ursprung, unten: Tod, nicht im Bild: Augenblick, 2019
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