Mädchenbilder

Schöne, junge Mädchen, ein Setting offensichtlich in Paris, coole Musik, außergewöhnliche Choreografie. Was berührt mich an diesem Werbespot von Hermes dennoch eigenartig und was könnte das mit kultureller Bildung zu tun haben?

Zum einen trägt die Werbebranche wesentlich dazu bei, welche Vorstellungen junge Menschen von sich selbst haben, wie sie aussehen, wie sie sich sich geben, wie sie sich kleiden müssen. Die eigene Persönlichkeit, das Andere kommt allerhöchstens in Diskussionen vor, die auf psychologischer Ebene von Fachleuten geführt werden. Wo sind die alternativen Jugendkulturen der siebziger, achtziger und neunziger Jahre? Allenfalls in Kunsthochschulen trifft man manchmal auf Mädchen bzw. junge Frauen, die offensichtlich mehr wollen, als dekorative Staffage zu sein.

Kann kulturelle Bildung dazu beitragen, Individualität auszuformen, die dem Anpassungsdruck der Gesellschaft standhält? Ich meine ja. Künstlerische Techniken suchen und bestätigen das Andere, sie haben nicht Anpassung zum Ziel, sondern eigenen Ausdruck. In Kindheit und Jugend erfahren zu haben, dass viele verschiedene Menschen und deren Ansichten und Talente ihren Platz finden und miteinander künstlerische Prozesse aushandeln, härtet meiner Meinung nach ab gegen die künstliche und oberflächliche Konsumwelt (nicht nur) unserer Tage, in der es um den schönen Schein geht, welcher aber, wie hier in diesem Spot, äußerst geschickt und damit perfide als Sehnsuchtsort dargestellt wird. Trends werden aufgegriffen wie geschlechtliche Nicht-Orientierung, Mädchen sind hier unter sich.

Das erinnert von der Ästhetik an Sophia Coppolas´ The virgin suidcides von 1999 oder auch an La vie d’Adèle von Abdellatif Kechiche aus dem Jahr 2013, wobei in den genannten Filmen die Suche nach der eigenen Identität differenziert und authentisch dargestellt wird, nicht ohne die Suche (und das Nichtfinden) der eigenen Identität zu problematisieren.

Was aber passiert, wenn ein Werbefilm so geschickt genau diese Individualität nutzt, um sie für die eigenen Zwecke zu benutzen? So empfinde ich diesen Werbeclip, der performative Elemente überästhetisiert, bis sie ihre Authentizität verloren haben, aber immer noch geheimnisvollen Reiz ausstrahlen. Dazu trägt auch die elektro-afrikanische Musik bei, die mit dem drängenden Beat die Aussage von Bedeutung noch verstärkt.

Eigentlich schade, dass sich der Regisseur Arnaud Uyttenhove von der Werbewelt vereinnahmen lässt. Hat er doch durchaus auch differenzierte Blicke auf die Jugendkultur geworfen und bereits dabei seine eigene, glaubwürdig wirkende Ästhetik gefunden (wahrscheinlich ist es genau das, was die Werbewelt fasziniert hat und was sie sich mit Uyttenhove als Regisseur gekauft hat).

Kurzportrait einer Künstlerin: A small portrait of Alex Prager

Portrait einer Tänzerin der Pariser Oper

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Ein Gedanke zu “Mädchenbilder

  1. Super geschriebener Beitrag – ich bin geflasht von deiner Analyse und teile deine Bedenken diesem gut gemachten, hochwertigen, ästhetischen Werbeclip gegenüber, gerade weil zum Beispiel meine Tochter von diesem Clip sehr angesprochen wäre….

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