„Digitales Lernen neu denken“ Diskussion in Rüsselsheim

Am 10. Mai fand im Gymnasium in Rüsselsheim eine Diskussion zum Thema „Digitales Lernen“ statt. Eingeladen hat hr-INFO, gemeinsam mit der Heraeus-Bildungsstiftung.

Beate Heraeus brachte es auf den Punkt: Durch die Digitalisierung sollen die SchülerInnen vor allem für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden. Es ist schon erschreckend, wenn eine Schülerin sagt, dass sie ohnehin davon ausgeht, ihr Leben im Büro zu verbringen und schon selber, äußerst vernünftig, die Argumente ihrer zukünftigen Arbeitgeber vorbringt.

Die Diskussion in den –dem Thema entsprechenenden modernen und  ansprechenden Räumen– des Gymnasiums in Rüsselheim verlief durchaus kontrovers. Fazit war, dass die Digitalisierung vor den Schulen auf lange Sicht nicht halt machen wird und dass es gilt gute und tragfähige Konzepte zu entwickeln, so dass Schüler*innen die Medien bewusst einsetzen können und nicht von Ihnen beherrscht werden. Dazu braucht es aber in erster Linie gut ausgebildete Lehrer*innen und gut ausgestattete Schulen. An beidem mangelt es und hier muss zuerst Geld in die Hand genommen werden und zwar von staatlicher Seite. Lippenbekenntnisse reichen nicht aus. Und die Finanzierung kann man nicht den Unternehmen überlassen, sonst wird man keine neutrale Bildung im digitalen Bereich erwarten können.

In der abschließenden Diskusssion kristallisierte sich vor allem eine Überforderung der Lehrer*innen heraus, die mit diesem Thema und den Anforderungen von staatlicher Seite mehr oder minder alleine gelassen sind. An den meisten Schulen fehlt z.B. ein schneller W-LAN Zugang. Wie soll man da digitale Bildung vorantreiben?

Löblich war es, dass in der Diskussion auch Schüler*innen zu Wort kamen, die in ihren Klassen ihr Handy oder andere Medien benutzen dürfen, im Gegensatz zum sonst üblichen Handyverbot an Schulen. Die Schüler*innen gaben zu, das Handy natürlich auch mal zum Chatten oder für andere Recherchen als die schulischen zu benutzen. Konsens war aber, dass „man selber merkt, wenn man seine Zeit nur verdaddelt, weil man dann den Anschluss verliert“.

Ein gelungenes Modell also für die Nutzung von digitalen Medien im Unterricht? Viel zu kurz gegriffen meiner Meinung nach. Offensichtlich ist man in Deutschland im Diskutieren besser als im Handeln. Manche Dinge muss man eben ausprobieren, um wirklich über Erfahrungen sprechen zu können. Am Grünen Tisch wird es keinen Sprung ins digitale Zeitalter geben.

Tipp: den Blog von herrlarbig.de anschauen.

Weitere erhellende Beiträge zum Thema gibt es auf dem Blog von Tobias Hübner medienistik.wordpress.com

Teilnehmer:

  • Prof. Dr. Christof Schreiber (Justus-Liebig-Universität Gießen / Institut für Didaktik der Mathematik)
  • Dr. h.c. Beate Heraeus (Vorstandsvorsitzende der Heraeus-Bildungsstiftung)
  • Isabelle Brehl (Lehrerin an der Wöhlerschule Frankfurt)
  • Robert Runkel (Lehrer an der Kreisrealschule Bad Orb)
  • Torsten Larbig (Studienrat am Schiller-Gymnasium Frankfurt / Blogger herrlarbig.de)
  • Moderation: Petra Boberg (hr-iNFO)

HR Info bewarb die Veranstaltung so:

Die Digitalisierung durchdringt fast alle Lebensbereiche und macht auch vor den Schulen nicht Halt. Aber ergibt digitaler Unterricht überhaupt Sinn? Wenn ja, wie? Was brauchen und bekommen Lehrer, um die neuen Aufgaben zu erfüllen? hr-iNFO lädt gemeinsam mit der Heraeus-Bildungsstiftung zur Podiumsdiskussion ins Neue Gymnasium Rüsselsheim.

Schulen fit zu machen für das 21. Jahrhundert, das digitale Jahrhundert, ist eine oft beschworene Forderung, die Verwendung von Tablets oder interaktiven Whiteboards im Unterricht trotzdem noch immer die Ausnahme. Im Vergleich der Bundesländer schneidet Hessen hier sogar besonders schlecht ab. Das liegt an der oft unzureichenden technischen Ausstattung, aber auch an fehlenden medienpädagogischen Konzepten. Die Kultusministerkonferenz fordert von den Bundesländern die Entwicklung entsprechender Strategien. Hessen überlässt deren Erarbeitung lieber den einzelnen Schulen – und lässt das Thema damit auf dem Flickenteppich liegen.

DIGITALES KLASSENZIMMER: HESSEN HINKT HINTERHER

Schüler fit machen für die digitale Zukunft – das fordern Politik und Wirtschaft schon lange. Die Länder sollen Strategien dafür ausarbeiten. Hessen schneidet hier im bundesweiten Vergleich ziemlich schlecht ab. Woran liegt’s – und woran mangelt es besonders?

Die Befürworter sehen in digitalen Hilfsmitteln vor allem die Möglichkeit des individuellen Zuschnitts von Unterrichtsinhalten sowie automatisch die Steigerung der Medienkompetenz. Kritiker fürchten sich davor, dass Schüler mehr als ohnehin schon am Bildschirm hängen und nicht genug soziale Kompetenz ausbilden. Auch sehen sie datenschutzrechtliche Probleme.

Diskussion in Rüsselsheim

Welchen Sinn hat digitaler Unterricht? Was brauchen und was bekommen die Lehrer, um die neuen Aufgaben erfüllen zu können? Schauen Schüler nicht eh am liebsten Erklärvideos bei YouTube statt ihre Lehrer zu fragen? Darüber wollen wir in Rüsselsheim diskutieren – mit Experten, Lehrern, Schülern und Eltern.

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